Blog Skitouren Chile Reise, Teil 3 – krönender Abschluss „Osorno“
Um ein Haar im Blizzard verreckt…
Wir verlassen Huilo-Huilo etwas wehmütig, gerne hätten wir den Ort noch länger genossen, doch bereits in zwei Tagen geht unser Flug zurück nach Europa und wir wollen uns unbedingt noch am Osorno Vulkan versuchen. Es geht weiter nach Süden vorbei an den großen, glitzernden Seen Panguipulli, Riñihue und Llanquihue, dazwischen gewaltige Flusströme. Max´s Erzählungen über Land und Leute verleiht der Landschaft Lebendigkeit. Auch der Frühling gewinnt nun immer mehr an Kraft und unsere Augen werden verwöhnt vom saftigen Grün der Wiesen, die an uns vorbeiziehen. Plötzlich wird es stürmisch. Wir kommen in einen Eissturm. Knapp oberhalb der Baumgrenze, ca. 300m von unserer Unterkunft, dem Refugio Teski, entfernt, sitzen wir an einem steilen, komplett mit Eis überzogenem Straßenstück fest. Es geht nicht mehr weiter und wir drohen, den steilen Abhang unkontrolliert zurück zu rutschen. Der Wind brettert böig mit voller Breitseite gegen das scheppernde Fahrzeug. Ich blicke in beunruhigte Gesichter. Auch Max, der sonst immer die Ruhe weg hat, wirkt zunehmend nervös. Er traut sich nicht das Fahrzeug zu verlassen, zu groß sein Respekt vor dem „viento blanco“, wie man diese Art von Sturm hier nennt. Er äußert seine Angst, plötzlich wegzurutschen und die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren. Er fordert alle Insassen auf sich auf die Hintere Sitzreihe zu begeben um den Druck auf die Hinterreifen zu erhöhen. Phillipe und ich machen uns sofort auf, um Hilfe aus dem Refugio zu holen. Zuerst soll ein Kettenfahrzeug aus dem Skigebiet anrücken. Als dies aber Startprobleme hat, gibt der Hüttenwirt sein Bestes mit seinem Allrader. Unter Zug können wir unser Fahrzeug soweit stabilisieren um Ketten anzulegen, zum Abschleppen ist es jedoch zu schwer. Erstmal also die gesamte Gruppe auf den Allrader und rein in die warme Stube mit Holzofen. Dort gibt´s erstmal eine heiße Schoki. Alles nochmal gutgegangen!
Osorno: Krönender Abschluss
Erhaben thront der Osorno Vulkan zwischen zwei immensen Seen, dem Lago Todos Los Santos und dem Lago Llanquihue. Mit seinem imposanten Aussehen zieht er schon von weitem die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich. Der Osorno liegt schon im Norden Patagoniens in unmittelbarer Nähe zum Pazifik. Dadurch herrschen hier sehr wechselhafte Wetterbedingungen, die das Skitourengehen erschweren. Voluminöse Anraumpilze am Gipfel und schwierig einzuschätzende Spaltenzonen bei der Abfahrt, sind zusätzliche Herausforderungen am Osorno. Doch wir scheinen Glück zu haben. Der Wetterbericht hält was er verspricht. Pünktlich zum Frühstück senken sich die Wolken und geben den Gipfel frei. Der Vulkan liegt im Nationalpark Vincente Peréz Rosales. Nach den Erfahrungen am Villarica Nationalpark registrieren wir uns zuerst in der Ranger Station und starten dann los.
An den Hangkanten und vor allem im Gipfelbereich zeugt überall Anraum und eine eisige, windgepeitschte Schneeoberfläche von dem Sturm der vergangenen Nacht. Unsere Aufstiegsroute wäre für eine Abfahrt denkbar ungünstig, da spiegelglatt und exponiert, doch wir erspähen auch windgeschützte Bereiche mit brauchbarem Schnee für die Abfahrt. Wie viele Vulkane, bietet vor allem der Osorno Abfahrtsvarianten in alle Richtungen. Schnell gewinnen wir mit Harscheisen bewaffnet an Höhe, und stehen auf einmal vor einem surrealen Eispanzer. Schon während wir uns dem Gipfelbereich nähern, versuche ich den logischen Weg durch das Eislabyrinth zu finden und mit einigen Schleifen, kurzen Stufen und Eiskaminen gelingt es uns am Ende sogar mit überraschend geringem Seileinsatz das Gipfelplateau zu erreichen.
Ein letztes Mal fallen wir uns am Gipfel in die Arme und lassen den Zauber des Moments auf uns wirken. Riesige Wolkenhaufen…Seen, Berge…Ganz hinten erkennt man bereits Puerto Montt und den Pazifik. Da wir diesmal überhaupt keine Eile haben, verweilen wir. Genießen den Blick in die Ferne: die Szenerie Wolken, Eis, Seen. Wir feiern mit dem Rest von Lorenz´Gipfelschnaps, bis die eisige Kälte uns zum Abstieg zwingt. Die Abfahrt dem Lago Llanquihue entgegen und dem Vulkan Calbuco vis a vis ist der krönende Abschluss dieser Skitourenreise. Die Sonne steht bereits tief als wir das Refugio Teski erreichen. Der Hüttenwart hat den Hot tub bereits eingeheizt und wir genießen zum Abschied noch einen perfekten Sonnenuntergang über der Wasserfläche des Lago Llanquihue. Genau der richtige Ausklang für eine unvergessliche Reise!